Von Dr. Mercola
Tinnitus oder chronisches Klingeln in den Ohren betrifft etwa 1 von 5 Personen.
Obwohl er in der Regel nicht schwerwiegend ist, kann er sich erheblich auf die Lebensqualität auswirken und sich mit zunehmendem Alter verschlimmern oder ein Symptom einer zugrunde liegenden Erkrankung wie beispielsweise altersbedingtem Hörverlust, Ohrverletzungen oder einer Störung des Kreislaufsystems darstellen.
In den meisten Fällen wird Tinnitus nach dem Alter von 50 Jahren diagnostiziert, aber jüngste Studien haben ergeben, dass Tinnitus in der Jugend wahrscheinlich aufgrund einer erhöhten Belastung durch laute Musik und andere Umgebungsgeräusche überraschend häufig und auf dem Vormarsch ist.
Noch schlimmer: Tinnitus kann ein Zeichen für dauerhafte Nervenschäden sein, was zukünftige Hörschäden bedeuten könnte.
Tinnitus und das Risiko eines Hörverlustes später im Leben kann ein Viertel der Jugendlichen betreffen
In einer Studie mit 170 Schülern im Alter von 11 bis 17 Jahren stellten Forscher der McMaster University in Kanada „riskante Hörgewohnheiten“ fest, dazu gehörten Lärm auf Partys oder Konzerten, das Hören von Musik mit Ohrhörern und die Verwendung von Mobiltelefonen ohne das Verfassen von Textnachrichten.
Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer berichtete von Tinnitus in der Vergangenheit, wie etwa einem Klingeln in den Ohren für einen Tag nach einem lauten Konzert.
Dies gilt als Warnzeichen, jedoch wurde bei fast 29 Prozent der Schüler bei Tests in einer Tonkabine bereits chronischer Tinnitus diagnostiziert.
Jugendliche mit und ohne Tinnitus wiesen eine ähnliche Hörfähigkeit auf, aber diejenigen mit Tinnitus hatten eine deutlich geringere Toleranz gegenüber lautem Lärm und schützten ihre Ohren eher davor.
Eine reduzierte Toleranz gegenüber Lärm ist ein Zeichen für eine Schädigung der Hörnerven, denn wenn die Nerven, welche die Umgebungsgeräusche verarbeiten, beschädigt werden, veranlassen sie die Gehirnzellen, die Empfindlichkeit gegenüber Lärm zu erhöhen, wodurch Geräusche im Wesentlichen lauter erscheinen als sie sind.
Prävention ist die beste Lösung für Tinnitus
Tinnitusbedingte Verletzungen der Hörnerven und eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber lauten Geräuschen können durch typische Hörtests nicht erkannt werden, weshalb sie manchmal als „versteckter Hörverlust" bezeichnet werden.
Darüber hinaus ist ein solcher Schaden dauerhaft und neigt dazu, sich im Laufe der Zeit zu verschlechtern, was später im Leben zu einem zunehmenden Hörverlust führen kann.
Da es keine bekannte Heilung gibt, ist die beste Lösung Prävention. Studienautor Dr. Larry Roberts vom Department of Psychology, Neuroscience and Behaviour der McMaster University hat die auftretenden Risiken von lauten Geräuschen mit frühen Warnungen vor dem Rauchen verglichen.
Viele Menschen sind sich an dieser Stelle nicht bewusst, dass das Hören von lauter Musik über Ohrhörer oder auf Partys ihr Gehör dauerhaft schädigen kann, zumal sie zu diesem Zeitpunkt noch normal hören können.
Wenn mehr Menschen sich der Risiken bewusst wären, würden mehr Maßnahmen ergreifen, um die Lautstärke zu verringern und ihre Ohren zu schützen.
Es gibt Zusammenhänge zwischen Tinnitus und psychiatrischen Störungen sowie Stress
Bei Erwachsenen kann die Mehrheit der Menschen mit Tinnitus (77 Prozent) an gleichzeitig bestehenden psychiatrischen Störungen leiden, die von Angst bis Persönlichkeitsstörungen reichen. Darüber hinaus können 62 Prozent der Tinnitus-Patienten an depressiven Störungen leiden, während bei 45 Prozent Angststörungen auftreten können.
Außerdem scheint es eine enge Verbindung zwischen Tinnitus und Stress zu geben, so dass Stress den Tinnitus verschlimmern kann und umgekehrt. In einer Studie war die emotionale Erschöpfung – oder das Gefühl, aufgrund von chronischem Stress ausgelaugt zu sein – ein starker Indikator für die Schwere des Tinnitus.
Darüber hinaus kann chronischer Stress ein ebenso großer Risikofaktor für die Entwicklung von Tinnitus sein wie die Exposition gegenüber Lärm am Arbeitsplatz. Untersuchungen haben ergeben, dass die Exposition gegenüber Stresssituationen und Arbeitslärm jeweils das doppelte Risiko für Tinnitus bedeutet.
Darüber hinaus hat Stress einen besonderen Einfluss auf den Übergang von leichtem zu schwerem Tinnitus, wobei die Forscher zu dem Schluss kommen, dass „Stressmanagement-Strategien in die Programme zur Erhaltung des Gehörs einbezogen werden sollten, insbesondere für Personen mit leichtem Tinnitus, die über eine hohe Belastung berichten“.
Bemerkenswert ist auch, dass viele Menschen mit Tinnitus das Klingeln in den Ohren während eines stressigen Lebensereignisses wie einer Scheidung, Entlassung, Krankheit von Familienmitgliedern, einem Unfall oder einer Operation bemerkt haben. Das Journal of Neurology, Neurosurgery, and Psychiatry (JNNP) berichtet:
„Diese Ereignisse können die Reizbarkeit des Gehirns erhöhen, und der Tinnitus kann kortikal [über die Großhirnrinde] wahrgenommen werden. Diese Wechselwirkung zwischen reduziertem Hörvermögen und Gehirnkompensation könnte erklären, warum einige Menschen sehr stark unter ihrem Tinnitus leiden und andere sich damit abfinden.“
Die Autoren haben den Schluss gezogen, dass Tinnitus nicht nur eine Erkrankung des Gehörs ist, sondern vielmehr neuropsychiatrischer Natur, was erklären würde, warum er oft neben kognitiven und verhaltensbedingten Symptomen auftritt.
Darüber hinaus ist im Zusammenhang mit Tinnitus zu beachten: Schlaf, Trauma, Kopfschmerzen und mehr
Tinnitus wird oft als Symptom beschrieben, keine Krankheit an sich, und er kann aus einer Vielzahl von Zuständen resultieren. Traumatische Hirnverletzungen (TBI) sind eine häufige Ursache, beispielsweise haben fast 40 Prozent der Militärangehörigen mit TBI auch Tinnitus.
Es gibt oft auch einen Zusammenhang zwischen Tinnitus und Schmerzerkrankungen und Kopfschmerzen einschließlich Migräne, ein Tinnitus führt oft zu Schlafstörungen wie verzögertem Einschlafen, häufigem Erwachen während des Schlafs und chronischer Müdigkeit.
Darüber hinaus ist Tinnitus auch mit kognitiven Defiziten verbunden, unter anderem mit langsamerer kognitiver Verarbeitungsgeschwindigkeit und Problemen mit der Aufmerksamkeit.
Es gibt auch verschiedene Arten von Tinnitus, und die entsprechende Ausprägung kann Hinweise auf seinen Ursprung geben. Zum Beispiel kann Tinnitus in einem oder beiden Ohren auftreten und wie folgt beschrieben werden:
- Pochen oder Pulsieren, was auf vaskuläre Tumore in der Nähe des Ohres zurückzuführen sein kann
- Hochtönig und kontinuierlich (dies ist am häufigsten der Fall)
- Klicken, das mit Muskelkrämpfen im Gaumen verbunden sein kann, die dazu führen, dass sich der Eustachische Schlauch im Ohr öffnet und schließt; Probleme mit dem Kiefergelenk (TMJ) können ebenfalls ein Klickgeräusch im Ohr verursachen
- Brummen oder Summen
Abnormales Knochenwachstum im Mittelohr, die so genannte Otosklerose, kann ebenfalls Tinnitus verursachen, ebenso wie Schäden an Ihrem vestibulocochlearen Nerv, der Schall vom Ohr auf das Gehirn überträgt. Solche Schäden können beispielsweise durch akustischen Neurom-Tumor oder durch Arzneimitteltoxizität entstehen.
Darüber hinaus können auch bestimmte Medikamente Tinnitus auslösen, einschließlich bestimmter Krebsmedikamente, Beruhigungsmittel und Entzündungshemmer wie Ibuprophen und Aspirin.
Wenn dieser Zustand zu schweren emotionalen oder körperlichen Beschwerden führt, sollten Sie professionelle Hilfe suchen. In vielen Fällen können jedoch natürliche Interventionen wie die nachfolgend beschriebenen helfen.
Effektive Tinnitus-Behandlungen
Zur Behandlung von Tinnitus werden eine Reihe von Medikamenten verschrieben, unter anderem Antidepressiva, Mittel gegen Angststörungen, Stimmungsstabilisatoren und Antikonvulsiva.
Eine Meta-Analyse einer Reihe von Tinnitus-Managementstrategien ergab, dass nur Antidepressiva einen möglichen Nutzen zeigten, aber selbst diese Studie konnte nicht zu dem Schluss kommen, dass Antidepressiva die ultimative Lösung sind.
Angesichts ihrer Risiken und der Tatsache, dass einige Antidepressiva ein Klingeln in den Ohren verursachen können, stellen nicht-medikamentöse Optionen die beste Vorgehensweise dar – und von diesen gibt es viele.
In vielen Fällen können natürliche Eingriffe wie zum Beispiel die folgenden helfen:
• Kognitive Verhaltenstherapie — Die Kognitive Verhaltenstherapie hat nachweislich die Lebensqualität von Menschen mit Tinnitus verbessert. Sogar eine internetbasierte geführte kognitive Verhaltenstherapie hat sich als effektiv bei Tinnitus erwiesen.
• Akupunktur — Es hat sich gezeigt, dass Akupunktur die Schwere des Tinnitus und die Lebensqualität der Patienten verbessert.
• Ernährungsinterventionen, pflanzliche Heilmittel und Melatonin — Insbesondere können ein Mangel an Zink und Vitamin B12 mit Tinnitus verbunden sein. Auch pflanzliche Mittel wie japanische Kornelkirsche, Hartriegel, Lorbeer, Weißdornblatt, Ginkgo und Traubensilberkerze können nützlich sein.
In Tierversuchen führte Ginkgo-Extrakt zu einer signifikanten Verbesserung des Tinnitus, in einigen Fällen sogar zur vollständigen Linderung. Auch Melatonin erwies sich als vielversprechend, und in einer Studie führte die Supplementierung mit Melatonin zu einer signifikanten Abnahme der Tinnitusintensität und einer verbesserten Schlafqualität bei Patienten mit chronischem Tinnitus.
• Schwarzer Kaffee aus Bio-Anbau — Studien haben gezeigt, dass Frauen, die höhere Mengen an Koffein (meist in Form von Kaffee) konsumierten, weniger wahrscheinlich von Tinnitus betroffen sind.
Insbesondere Frauen, die weniger als 150 Milligramm Koffein pro Tag konsumierten (was einer Menge von ca. 340 Gramm entspricht), hatten eine 15 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, einen Tinnitus zu erleiden als diejenigen, die 450 Milligramm bis 599 Milligramm konsumierten.
Die Forscher waren sich nicht sicher, warum Koffein das Tinnitusrisiko reduzieren kann, obwohl frühere Untersuchungen gezeigt haben, dass es eine direkte Wirkung auf das Innenohr hat oder durch seine Rolle bei der Stimulation des zentralen Nervensystems beteiligt sein kann.
• Stressmanagement — Dazu gehören Sport, Entspannungsübungen und die Emotional Freedom Technique (EFT). Stressmanagement ist wichtig für die Behandlung und Prävention von Tinnitus.
Einfache Hausmittel können Linderung bieten
Wenn Tinnitus Ihre Lebensqualität beeinträchtigt, können Hausmittel helfen, Ihre Symptome zu lindern (und wenn nicht, schadet es nicht, diese auszuprobieren). Organic Facts hat mehrere überlegungswerte Beispiele zusammengestellt:
Warmes Salzkissen — Füllen Sie einen Stoffbeutel mit warmem Salz. Legen Sie sich auf das Kissen und wechseln Sie jedes Ohr auf dem Beutel ab. Erhitzen Sie das Salz nach Bedarf und wiederholen Sie das mehrmals am Tag. |
Fußbäder — Geben Sie abwechselnd Ihre Füße in heiße und kalte Fußbäder. Dies kann Ihre Blutgefäße erweitern und den Blutfluss in Richtung Kopf stimulieren, um Tinnitus-Symptome zu lindern. |
Knoblauchöl — 6 Knoblauchzehen mit 1 Tasse Olivenöl mischen (der Knoblauch sollte dabei fein gehackt sein). Die Mischung eine Woche lang ziehen lassen und dann den Knoblauch herausnehmen. Tragen Sie ein paar Tropfen des Öls in jedes Ohr auf. |
Musik — Um Tinnitus zu lindern, hilft sanfte beruhigende Musik, weißes Rauschen, Naturgeräusche oder sogar, wenn Sie selbst summen. |
Stimulieren Sie Ihren kleinen Zeh — Verwenden Sie einen Zahnstocher, um sanft den Rand Ihrer kleinen Zehe in der Nähe des Zehennagels zu stimulieren. Dies sollte zu einem Kribbeln in der Nähe der Zehenspitze führen. Dies einmal täglich zu tun, kann Tinnitus-Symptome lindern. |
Ohrtrommeln — Trommeln Sie mit den Fingerspitzen zweimal täglich für zwei bis drei Minuten sanft auf jedes Ohr, um das Klingeln zu lindern. |
Kieferknochen-Massage — Massieren Sie die hohlen und oberen Bereiche Ihres Kieferknochens hinter Ihren Ohrläppchen mit Kokosöl oder Sesamöl. Sie können auch eine heiße Kompresse auf diesen Nackenbereich zur Linderung auflegen. |
So schützen Sie Ihre Ohren vor lauter Lärmbelästigung
Obwohl es viele Ursachen für Tinnitus gibt, ist die laute Lärmbelastung besonders bei Jugendlichen ein Hauptverursacher. Es ist viel einfacher, damit verbundene Schäden an den Ohren zu vermeiden, als sie zu behandeln.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Jugendlichen und jungen Menschen, die folgenden Maßnahmen zu ergreifen, um ihr Gehör zu schützen und Hörverlust zu vermeiden (obwohl der Rat für Menschen jeden Alters gilt):
Reduzieren Sie die Lautstärke auf persönlichen Audiogeräten |
Probieren Sie eine Dezibel-Meter-App für Ihr Smartphone aus, die eine Warnung anzeigt, wenn die Lautstärke auf ein möglicherweise schädliches Niveau eingestellt ist |
Tragen Sie Ohrstöpsel, wenn Sie laute Orte besuchen (oder wenn Sie laute Geräte wie einen Rasenmäher oder Laubbläser verwenden) |
Verwenden Sie sorgfältig angepasste geräuschunterdrückende Ohrhörer/Kopfhörer, die es Ihnen ermöglichen können, bei geringerer Lautstärke bequem zu hören |
Begrenzen Sie die Zeit, die Sie mit lauten Aktivitäten verbringen |
Legen Sie regelmäßige Hörpausen bei der Verwendung persönlicher Audiogeräte ein |
Beschränken Sie den täglichen Gebrauch von persönlichen Audiogeräten auf weniger als eine Stunde |